Strafe für Bildung der Rettungsgasse

Strafe für Bildung der Rettungsgasse
Ein Lenker aus NÖ bildete auf der A2 die Rettungsgasse – und wurde bestraft. Jetzt droht der Führerscheinentzug.

Die ohnehin schon skandalträchtige Rettungsgasse ist um einen Aufreger reicher: Nun wurde der erste Autolenker bestraft, weil er vorschriftsmäßig die Rettungsgasse gebildet hatte. Geht die An­zeige der niederöster­reichischen Verkehrspolizei so durch (derzeit läuft die Berufung), dann droht künftig jenen, die eine vorschriftsmäßige Rettungsgasse bilden, sogar der mehrmonatige Führerscheinentzug.

Die Vorgeschichte: Auf der A2 bei Vösendorf kommt es im Morgenverkehr Anfang April aufgrund eines starken Verkehrsaufkommens zu zähflüssigem Verkehr mit einer kurzfristigen Staubildung in Richtung Wien. So steht es auch in der Anzeige zu lesen.

Harald F. ("Ich bin ein Befürworter der Rettungs­gasse") fährt deshalb mit seinem Audi nach rechts auf den Pannenstreifen. Bei zähflüssigem Verkehr und Stau ist das schließlich so Vorschrift, sagten im Vorfeld die Experten, hieß es in der Werbekampagne und selbst auf der offiziellen Rettungsgassen-Homepage steht zu lesen: Seit 1. Jänner 2012 müssen alle Verkehrsteil­nehmer ... vorausschauend die Rettungsgasse bei Staubildung oder stockendem Verkehr bilden.

Wer aber bei der plötz­lichen Staubildung als Einziger auf den Pannenstreifen ausweicht, steht vor zwei Möglichkeiten. Stehenbleiben, den Pannenstreifen blockieren und versuchen, sich irgendwo reinzu­quetschen? Oder doch weiterfahren und sich dann in der nächsten größeren Lücke wieder einordnen?

Harald F., der beteuert, dass er sich nicht einfach am Stau vorbeischummeln wollte, entschied sich für Variante zwei und erhielt wenig später eine Anzeige von zwei Polizisten, die in einer Zivilstreife unterwegs gewesen waren. Er habe auf einer Länge von ca 1 Kilometer den Pannenstreifen befahren und dies sei strafbar. Kostenpunkt: 80 Euro. Befahren des Pannenstreifens ist auch ein Vormerkdelikt und bei drei Vergehen ist der Führerschein weg.

Wie berichtet, hatte ein führender Jurist des Verkehrsministeriums seit Jahren vor so einem Wirrwarr gewarnt, war aber von Verkehrsministerin Doris Bures offenbar übergangen worden. "Ich finde es schon traurig, wenn nicht mal Polizisten wissen, wann die Rettungsgasse gebildet werden muss", sagt Harald F., dessen Einspruch nun im Laufen ist.

Selbst Verkehrsexperten beurteilen die Lage unterschiedlich. "Es ist noch keine Rettungsgasse, wenn nur einer sie bildet", sagt ÖAMTC-Rechtsexpertin Ursula Zelenka zum Fall. "Das ist absoluter Nonsens, diese Strafe ist völlig deplatziert", meint hingegen ARBÖ-Jurist Gerald Hufnagl. Übrig bleibt jedenfalls der Autofahrer. Denn das Befahren des Pannenstreifens für die Bildung der Rettungsgasse steht zwar in der Regierungsvorlage, in der Straßenverkehrsordnung selbst ist es aber verboten. Was nun gilt, darüber streiten die Juristen – und offenbar auch die Polizisten.

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