Staatsverweigerer: Ein Gerichtsprozess, der keiner ist

Das Landesgericht Graz wird am kommenden Freitag erneut von der Polizei bewacht. Besucher werden registriert.
Gruppe von Republiksgegnern will Landesgericht Graz besetzen – Polizei und Justiz sind vorbereitet.

Dass die Staatsverweigerer öfters mit dem Gesetz in Konflikt kommen, ist nicht neu. Seit Spätsommer 2016 sind rund 80 Strafverfahren anhängig – in erster Linie wegen Nötigung, gefährlicher Drohung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Amtsanmaßung. Doch nun wollen sie allerdings selbst Gericht halten. Und das soll – geht es nach dem Willen des "Staatenbundes" – am 21. April stattfinden. Ausgerechnet im Landesgericht für Strafsachen in Graz – eine Institution, die die Staatsverweigerer grundsätzlich gar nicht anerkennen.

"Das österreichische Volk wurde lange genug unterdrückt und ausgebeutet von dem Sklavensystem und ihren Handlangern", begründet "Staatenbund-Präsidentin" Monika Unger. Mehrere Beschuldigte wurden "geladen", eigene "Haftbefehle" ausgestellt. Der "Staatenbund" wirft ihnen Verbrechen gegen Menschen- und Völkerrecht vor. Das Militär soll die angeblichen Verbrecher vorführen.

Die (tatsächlichen) Vertreter des Gerichts kennen diese Pläne. "Wir wissen von diesen Absichten. Aber dass eine derartige Verhandlung nicht möglich ist, ist auch klar", erklärt ein Sprecher. Es wird an diesem Tag besonders penible Zutrittskontrollen zum Gericht geben. Das Sicherheitspersonal wurde aufgestockt, auch die Polizei wird im Einsatz sein. "Wir sind vorbereitet." Konkret heißt das: Neben den Einlasskontrollen werden Besucher auch registriert. "Es werden Uniformierte und auch Kollegen in zivil vor Ort sein", sagt Joachim Huber, Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark.

Ein Betretungsverbot des Gerichtsgebäudes, wie es bei einem Staatsverweigerer-Prozess in der Vorwoche in Krems ausgesprochen wurde, steht nicht zur Debatte.

Polizeischutz

Für die Justiz ist das nicht neu. Speziell in Ober- und Niederösterreich gibt es etliche Prozesse gegen die Staatsverweigerer. "Dass sie Gerichtsräume besetzen wollen, haben sie schon öfters angekündigt, realisieren konnten sie das aber noch nie", erklärt ein Sprecher des Justizministeriums. Es gibt auch selbst gebastelte Vorführungsanordnungen gegen Richter und Staatsanwälte – die nicht im Sinne der Verweigerer entscheiden. "Sobald es Anzeichen für eine Bedrohung gibt, wird auch für den Schutz der betroffenen Personen gesorgt und die Polizei zugezogen."

Aber auch in der Steiermark hat man bereits Erfahrung mit den Verweigerern. "Die Bezirke Hartberg und Graz-Umgebung sind besonders betroffen. Hier stellen wir einen Anstieg bei den Amtshandlungen fest", sagt Huber. Laut Innenministerium haben die Staatsverweigerer aktuell rund 1100 Mitglieder in Österreich. Der Zulauf ist beachtlich. Noch im Herbst 2016 kannte man nur 700 Mitglieder. Zudem dürfen sie auf 20.000 Sympathisanten zählen. Sie erkennen den Staat Österreich nicht an und auch nicht seine Institutionen, Dokumente und Gesetze. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Sie setzen auf die Unterstützung des Bundesheeres. Und das findet selbst das Bundesheer originell. "Wir haben die militärische Übergangsregierung abgelehnt", schmunzelt Sprecher Michael Bauer. Des Öfteren hätte der Staatenbund versucht, Kontakt aufzunehmen. "Aber die Kollegen vom Abwehramt sind die einzigen, die sich diese Herrschaften bei uns genauer ansehen."

Wie berichtet, plant Justizminister Wolfgang Brandstetter einen neuen Tatbestand um besser gegen die Staatsverweigerer vorgehen zu können.

Eine Szene mit vielen Ablegern

Der Oberösterreicher Joe Kreissl war der Erste, der sich vom Staat Österreich „lossagte“ und ab diesem Zeitpunkt die Zahlung von Steuern verweigerte und Gesetze für ungültige erklärte. Er gründete stattdessen den fiktiven Staat „Erlösterreich“ und ist Kopf der „Freemen“-Bewegung. Nach dem gleichen Schema gehen auch andere Gruppierungen vor: Sie nennen sich etwa Staatenbund, Reichsbürger oder Souveräne. In Bayern eskalierte ein Polizeieinsatz mit einem Reichsbürger – er erschoss einen Polizisten und berief sich dabei auf seine angeblichen Reichsbürger-Rechte.

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