Obama: "USA müssen weltweit eingreifen"

Echte Durchbrüche im Atomstreit mit dem Iran hätten positive Auswirkungen auf den gesamten Mittleren Osten, sagte Obama am Dienstag.
UN-Vollversammlung: US-Präsident Obama betonte die globale Führungsrolle seines Landes.

Nein, ein Freifahrtschein zur Versöhnung war das nicht. Der Iran müsse nicht nur freundliche Worte aufbieten, betonte der US-Präsident, sondern vor allem „transparente und überprüfbare Handlungen setzen“. Die mögliche Annäherung zwischen den jahrzehntelangen Todfeinden USA und Iran ist eine der großen Erwartungen an die diesjährige UN-Vollversammlung. Mit Spannung wurde daher Barack Obamas Stellungnahme bei seiner Rede vor dem Gipfel in New York erwartet.

Er sei „ermutigt“ vom Auftreten des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani, erklärte der US-Präsident. Er habe daher US-Außenminister John Kerry zu einem ersten Treffen mit dessen iranischem Kollegen ermächtigt. Der Streit um das iranische Atomprogramm – er dauert inzwischen über ein Jahrzehnt – könne und müsse gelöst werden. „Ein erster Schritt“, wie Obama betonte, auf einem langen Weg zu neuen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Ein persönliches Treffen zwischen Obama und Rohani, wie es in New York in diesen Tagen immer wieder kolportiert wird, bleibt aber auch nach der Rede Obamas vorerst nur eine vage Hoffnung.

Es geht um Krieg und Frieden, um die ganz großen Themen auf der diesjährigen Vollversammlung der Vereinten Nationen. Syrien macht den Diplomaten besonders viel Arbeit, denn hinter der Kulisse des UNO-Gipfels, im Sicherheitsrat, wird weiter um eine Resolution gerungen. Diese soll dem russisch-amerikanischen Plan über den Abbau syrischer Chemiewaffen einen konkreten Rahmen geben. Auch Obama forderte diese Resolution in seiner Rede ein, inklusive der aufrechten Drohung mit Konsequenzen, falls das Assad-Regime nicht kooperiere – also auch einem US-Militärschlag.

Iran will kein Treffen

Doch im Rampenlicht steht der Iran. Der neue Präsident Rohani hat bereits einen neuen Ton angeschlagen. Er wolle der Welt die Hand reichen, kündigte er selbst in den letzten Tagen mehrmals an. Rohanis Terminkalender in New York ist voll mit bilateralen Gesprächen, inklusive mit Bundespräsident Heinz Fischer und dessen französischem Kollegen François Hollande. Die Hand allerdings nicht reichen willRohani vorerst Barack Obama. Wie das Weiße Haus mitteilte, hat Teheran ein direktes Treffen der beiden Staatschefs abgelehnt. Ein Handschlag mit dem „großen Satan“ – so die alte Propagandaformel für die USA –war dem Mullah-Regime noch zu heikel

Mutiger war Rohani am vergangenen Freitag in einem Kommentar für die US-Tageszeitung Washington Post. „Ich halte meine Kollegen an, die Gelegenheit, die die letzte Wahl in Iran präsentiert hat, zu ergreifen. Ich halte sie an, ernsthaft auf die Bemühungen meiner Regierung, einen konstruktiven Dialog aufzunehmen, zu antworten“, schrieb Rohani.

Trotz des versöhnlichen Tons verteidigte er aber das umstrittene Atomprogramm des Landes. „Den nuklearen Brennstoffkreislauf zu beherrschen und Atomenergie zu erzeugen, bedeutet für uns auch, wer die Iraner als Nation sind; unsere Forderung nach Würde und Respekt und der daraus folgende Platz auf der Welt, den wir einnehmen“, so Rohani.

US-Außenminister John Kerry lässt das erst einmal kalt. „Rohanis Kommentare sind sehr positiv, aber alles muss geprüft werden, und dann werden wir einmal sehen, wohin das führt“, erklärte der US-Außenminister. Sein britischer Kollege William Hague stimmte ihm zu. „Wenn die Aussagen von Präsident Rohani und Außenminister Sarif tatsächlich etwas bedeuten, dann gibt es natürlich eine Chance, unsere Beziehungen zu verbessern und an einer Reihe von Themen zu arbeiten“, sagte Hague nach einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen in New York am Montag. Konkrete Beweise zur Öffnung des Irans seien aber wichtig, mahnte er.

Ein solcher Schritt wurde bereits gesetzt. Der Iran hat sich bereit erklärt,am Rande der Vollversammlung mit den fünf UNO-Vetomächten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China, dazu auch Deutschland, über sein Atomprogramm zu sprechen.

Für Obama ist auch dieses erste Einlenken Teherans eine Bestätigung für das Engagement der USA im Nahen Osten, aber auch in den Krisenregionen weltweit. Und dieses Engagement, so machte der US-Präsident mehr als deutlich, sei auch weiterhin notwendig. „Die Gefahr für die Welt besteht nicht darin, dass die USA eingreifen. Sie besteht darin, dass die USA nicht mehr eingreifen“, lieferte er ein Plädoyer für den globalen Führungsanspruch seines Landes: „Denn wenn wir uns zurückziehen, entsteht ein Vakuum, das keine andere Nation auffüllen kann.“

Iran und Syrien haben auch die Termine von Bundespräsident Heinz Fischer bei der UNO-Vollversammlung in New York dominiert. Im Rahmen eines bilateralen Treffens am Dienstag traf er seinen iranischen Amtskollegen, Hassan Rohani. Hauptthema der iranischen Seite sei die Frage der internationalen Sanktionen gewesen. Er habe seinerseits den Verzicht auf atomare Rüstung angesprochen, so der Bundespräsident nach dem Gespräch. „Präsident Rohani hat in dem Gespräch am Stil festgehalten, moderat zu formulieren und sich an Lösungen interessiert zu zeigen“, so Fischer.

Er habe betont, dass sein Land nicht die Absicht habe, Atomwaffen herzustellen und vor allem einen Abbau der internationalen Sanktionen anstrebe. Aus Rohanis Körpersprache sei klar abzulesen gewesen, dass er nicht nur seine private Meinung, sondern die der iranischen Regierung vertrete. Der Präsident habe offensichtlich auch den Rückhalt der geistlichen Führung.

Zu Spekulationen über eine Annäherung an den Westen sagte Fischer: „Das Entscheidende sind jetzt Taten. Es wird auf die Handlungen und auf die Verhandlungen in den nächsten Wochen und Monaten ankommen.“

Fischer sprach gleich am ersten Tag des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in der UNO, neben US-Präsident Barack Obama und Rohani. Beim Thema Syrien verlangte er, dass sich das Internationale Strafgericht mit der Lage dort befasst. „Rechenschaft ablegen ist notwendig, um Gräueltaten zu stoppen und künftige Verbrechen zu verhindern.“

Der Krieg in Syrien war auch eines der Hauptthemen bei Gesprächen mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül und dem jordanischen König Abdullah am Montag gewesen. Man wolle nicht, dass das syrische Problem auf die Türkei übergreife, so Gül. Fischer sprach mit dem türkischen Präsidenten außerdem über die Kurdenfrage, die geplante Verfassungsreform und die Annäherung an die EU.

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